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Frühromanische Säulen

aus "Die Klosterruine Schönrain" von Dr. Rudolf Kuhn

Im Anwesen Schaupp in Wiesenfeld sind in der Scheune Säulenfragmente eingebaut, die der Tradition nach aus der Klosterruine Schönrain stammen. Über evtl. andere Provenienz ist nichts bekannt. Von den Rotsandstein-Säulen samt Basen (ca. Länge 220, Breite 30, Basisquadrat 40) fehlen leider die Kapitelle. Der Taufstein in der Kirche von Hofstetten jedoch ist ebenfalls der Tradition nach (auch hier gibt es keine Urkunden darüber) aus Schönrain und noch dazu ein sehr altertümliches Kapitell, wie wir ein solches in ganz Franken nicht mehr sonst antreffen. Auch ohne urkundliche Belege ist das Kapitell sicherlich von Schönrain, denn auch die aus der Riemenschneiderzeit stammende BEWEINUNGSGRUPPE, von der noch zu reden sein wird, gilt der Tradition nach ebenfalls als aus Schönrain stammend. Hinzu kommt noch das kleine Renaissanceepitaph eines Ritters, der als Vogt gekennzeichnet ist und evtl. die Fenstermaßwerke. Auch von diesem Epitaph wird noch zu sprechen sein. – Das heute als Taufstein in Hofstetten benutzte Kapitell ist heute auf eine, nicht ihm ursprünglich zugehörige, weil zu schmale Rundsäule mit Halsring und darunter eiserner Verstärkung aufgesetzt. Das Kapitell selbst ist von einer sehr merkwürdigen und daher schwer bestimmbaren Mischform. ‘Man könnte von einem umgekehrten Pilzkapitell sprechen, das von eine Fase durchdrungen wird, die in der mit dem Kapitell zusammengearbeiteten Deckplatte endet. Das Hervortreten der pilz- bzw. polsterartigen Rundungen zeigt wohl eine ähnlich schwellende Tendenz wie die späteren hirsauisch beeinflussten Würfelkapitelle Schönrains, hat damit aber keinen Zusammenhang, da das Hofstettener Kapitell wesentlich früher liegen muß. Eine Vergleichsmöglichkeit ist infolge fehlender Objekte nicht gegeben.

Frühes Säulenfragment in Wiesenfeld (Aus Schönrain, Anwesen Schaupp)

Auch bei den langobardischen Kapitellen findet sich nichts Vergleichbares. So bleibt nichts anderes übrig als gefaste Polsterkapitelle heranzuziehen. In etwas flacherer Form – byzantinisch beeinflußt – die Kapitelle von Reichenau Oberzell – St. Georg, Ende 10. Jhdt. Schärfer gefast und weniger flach und ebenfalls ohne Halsring, also den Schönrainer Fragmenten schon näherkommend, ein Polsterkapitell aus der Krypta der St. Mary Magdalene Kirche in Ickleton (bei Cambridge, Großbritannien). Aus der ersten Hälfte des 11. Jhdts. dann St, Martin, Oberlenningen (Württemberg), die etwa weiterentwickelt sind in den Kapitellen von St. Burkard in Würzburg. – Die Primitive, unregelmäßige Kapitellform von Hofstetten-Schönrain lässt jedoch eine sehr frühe Bestimmung zu, dürfte also noch einem Bauwerk vor der hirsauischen Klosterkirche zuzuordnen sein, vermutlich auch der ottonischen Zeit. – Das scheint sich auch aus den Fragmenten von Wiesenfeld zu ergeben. Diese haben eine ganz schlichte Basis aus nahezu quadratischer Platte und Schräge, aus der die Säule hervorwächst, so daß man zunächst geneigt ist, die schlichte Basis für ein etwas ungewöhnliches Fasenkapitell zu halten. Die Rundsäule selbst ist monolith gearbeitet. Die beiden aus einem Stück gearbeiteten Basen sind etwas verschieden, jedoch im System gleich.

Jedenfalls passen diese frühen primitiven Säulen eher zu dem ebenfalls frühen Portal, einer wohl kleineren Klosterkirche, sie sind jedoch auch der Beweis dafür, daß die Stätte Schönrains schon früh eine beachtliche Bedeutung gehabt haben muß, aus welchen Gründen auch immer. Vielleicht bringt uns ein Zufallsfund eines weiteren frühen Kapitells etwas weiter, vor allem aber die Bauanalyse der Ruine, die Hypothesen über den früheren Einbau der frühen Säulen erst möglich machen werden. Ein Hinweis jedoch, daß eine ältere Anlage in die hirsauisch beeinflußte Klosterkirche mit einbezogen gewesen sein könnte ist die Tatsache, daß auf dem Dachgiebel des gleichen Anwesens Schaupp ein wohl blitzeabwehrender, in den Himmel blickender, zähnefletschender Löwe” eingemauert ist, der auch aus Schönrain stammen soll. Sicherlich sind sowohl die Säulen samt Basen und der Löwe gleichzeitiges Abbruchgut aus der Zeit nach der Übernahme durchdie Rienecker, die es so furchtbar eilig hatten, die Kirche in Schönrain verschwinden zu lassen.

Der zähnefletschende Löwe entstammt der schon etwas späteren Zeit – gegenüber dem Tympanon sogar wesentlich – sowohl in sorgfältiger Bearbeitung wie in der gespannten Gesamtauffassung sicherlich der hirsauisch beeinflußten Bauhütte – übrigens ein ganz besonderer Fall in der unterfränkischen Plastik. Die einzigen vergleichbaren Löwen wären jene Löwenköpfe beiderseits des Portals der Kirche von Steinsfeld bei Rothenburg o. T., die das hochinteressante Tympanon mit dem Christusbild und den sich neigenden Lebensbäumen flankieren. Insbesondere ist in Steinsfeld die ebenfalls gekonnte Behandlung der strähnigen Mähne ähnlich. Auch diese Plastiken gehören dem 12. Jahrhundert an, während das Tympanon älter erscheint.


Aus den Schriften des Geschichtsvereins Lohr a. Main –
“DIE KLOSTERRUINE SCHÖNRAIN”,
Kunsthistorische Analyse und Würdigung der Baureste von Dr. Rudolf Kuhn im Dez. 1974.