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Die Schenkung
des Schönrains
Erst nach
der Jahrtausendwende lichtet sich das Dunkel über
die Geschichte Schönrains. In Mitten des Investiturstreits
zwischen Kaiser Heinrich IV und Papst Gregor VII („Gang
nach Canossa") schenken die
Ludowinger Grafen Ludwig und Beringer von Sangershausen
den Schönrain (mit zwei Mühlen samt Zubehör
sowie ihr Gut zu Wiesenfeld) dem Abt Wilhelm von Hirsau
(1069~1084).
Die Voraussetzungen, die zur Stiftung von Kloster Schönrain
führten, machen es möglich, in den gräflichen
Brüdern Ludwig und Berengar die 1. Vertreter des
ostsächsisch-thüringischen Adels zu erkennen,
deren Verbindung zu Wilhelm von Hirsau durch Quellenaussagen
erschließbar wird. |
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Die Beziehungen
waren so gut, dass die beiden Grafen den Hirsauer Abt
mit der Einrichtung eines mit ihren mainfränkischen
Besitz fundierten Klosters zum Seelenheil ihrer Vorfahren
betrauten. Bald darauf sollte sich das Verhältnis
Ludwigs zur Hirsauer Reform noch enger gestalten, denn
wenig später trat der Graf selbst mit der Gründung
eines Eigenklosters hervor, als er um 1085 das Kloster
Reinhardsbrunn bei Friedrichsroda, welches das eigentliche
Hauskloster seines Geschlechts wurde, ins Leben rief.
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Kloster Schönrain, Vorposten der
Cluniaszensischen Reformbewegung
Abt Wilhelm,
der Initiator der Hirsauer Reform, bezog im Investiturstreits
eindeutig Position zu Gunsten des Papstes - wie auch Graf
Ludwig (Ludwig
der Springer), er war Mitglied der allgemeinen sächsisch-thüringischen
Fürstenopposition.
Das Kloster Hirsau hatte sich im 11.Jahrhundert unter
Abt Wilhelm der von dem burgundischen Benediktiner-Kloster
Cluny ausgehenden Reformbewegung angeschlossen und
wurde in Folge dessen eines der bedeutendsten deutschen
Klöster im Hochmittelalter.
Jene Klosterreform löste eine kleine Massenbewegung
aus.
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Schließlich
mündete die Reformbewegung in zahlreiche Neugründungen
und "Übernahmen" anderer Klöster:
• Klosterreichenbach im Murgtal 1082,
• St.Georgen im Schwarzwald 1084,
• Reinhardsbrunn bei Erfurt nach 1088 (ebenfalls
von Ludwig dem Springer erbaut. Hier starb er 1123
als Benediktiner-Mönch), • Zwiefalten auf der Schwäbischen
Alb 1089, • Fischbachau am Schliersee
1090, • St.Paul im Kärntener Lavanttal
1091, • St.Peter in Rosazzo in Friaul,
• Alpirsbach im Schwarzwald 1095,
• Kloster Berge bei Magdeburg 1099 u.v.a.m.
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So entstand gegen Ende des elften Jahrhunderts auch Mitten
im Kaisertreuen Franken ein weiterer Vorposten der Cluniaszensischen
Reformbewegung – Kloster Schönrain, dessen
Funktion besonders einer Verbindung der süddeutschen
mit den norddeutschen Gregorianern gedient haben mag.
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Kirche und Klosteranlagen des Hirsauer
Priorats
Die Fertigstellung der
Klosteranlagen dauerte mindestens zehn bis fünfzehn
Jahre, allerdings ist aus heutiger Sicht eine genaue Analyse
der Klosterkirche nur schwer möglich. Praktisch gibt
es außer einem, seinerzeit vom Geschichtsverein
Lohr freigelegten und fotografierten Vierungs-Pfeilerrest
(Basis) und den Säule, samt Kapitellen und Schachbrettfries ,
keinerlei Anhaltspunkte. Man ist also auf stilkritische
Vergleiche evtl. Berechungen auf Grund der Säulenhöhen
angewiesen.
Vermutlich handelte es sich um eine flachgedekte dreischiffige
Säulenbasilika. |
Das Rätsel der Schönrainer Klosterkirche |
Der typische Grundriss der Hirsauer Kirchenanlagen - die
dreischiffige Basilika mit östlichem Querschiff -
wurde unter geschickter Anpassung an die örtlichen
Verhältnisse mitunter in mannigfacher Weise verändert.
Gerade in Bayern wurde vielfach von dem üblichen
Bauschema abgewichen, indem nach dem Muster Reichenbachs
auf das Querschiff verzichtet wurde. Sowohl in den Hirsauer
Prioraten Reichenbach wie Mönchsrot scheint die Kirche
überhaupt auf ein einziges Schiff beschränkt
worden zu sein.
Bei der bescheidenen Ausstattung der Hirsauer Cella Schönrain
mit Gütern und Einkünften, die zudem grossenteils
auf entlegenem Streubesitz beruhten, liegt zunächst
die Vermutung nahe, dass der Grundriss der Kirche auch
in diesem Falle nur mit einem Schiff ausgeführt und
das Querschiff weggelassen wurde. |
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Jedenfalls gibt es aus den Quellen verschiedene triftige
Anhaltspunkte. die der eingangs erwähnten Annahme
widersprechen und einen dreischiffigen Grundriss mit drei
apsidialem Chorschluss nahelegen. Selbst mit der Feststellung
eines Querschiffes muss gerechnet werden. Die Lösung
dieses Rätsels ist für die kunstgeschichtliche
Forschung von überörtlicher Bedeutung. |
Zwei aus der Überlieferung geschöpfte Argumente
sind es, die vorstehende Auffassung begründet erscheinen
lassen: |
Dafür spricht hauptsächlich die ungewöhnlich
lange Bauzeit des Klosters, die sich von 1085 (spätestens)
bis 1139, also über ein halbes Jahrhundert hinzog.
Der in den „Hirsauer Annalen" überlieferte
Bericht des hochgelehrten Abtes Johannes Trithemius (1462-1516),
der im letzten Jahrzehnt seines Lebens als Abt des Würzburger
Schottenklosters wirkte, verdient volle Glaubwürdigkeit.
Die persönlich gefärbte Beschreibung der Lage
Schönrains lässt darauf schliessen, dass Trithem
das Priorat und sein Archiv aus eigener Anschauung kannte,
mit drei Schönrainer Prioren dürfte er persönlich
bekannt gewesen sein. |
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Deshalb ist kein Zweifel über seine Mitteilung angebracht,
dass der erste Schönrainer Prior Adelhelm hiess,
wie seine Notiz zum Jahre 1085 überliefert, und dass
ein grosser Teil der Kirche bereits unter Wilhelms nächstem
Nachfolger, Gebhard (1091-1105) auf dessen besonderes
Betreiben fertiggestellt wurde, höchstwahrscheinlich
nach Wilhelms persönlichen Plänen. Zu dessen
Lebzeiten waren die Kräfte des Mutterklosters durch
die Vollendung von St. Peter und Paul (1091) intensiv
in Anspruch genommen, erst seit 1091 konnte die Hirsauer
Bauhütte auf Schönrain durch Abordnung einer
grösseren Anzahl von Konversen verstärkt werden.
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Drei Altäre - drei Schiffe? |
Der zweite Anhaltspunkt für die Annahme einer dreischiffigen
Kirchenanlage ist durch die Kombination der Überlieferung
aus Urkunden, Zinsregistern und den Totenroteln des des
österreichischen Klosters Admond (von 1477 und 1495)
zu erschliessen, das mit Schönrain und einer grossen
Anzahl anderer Klöster, darunter Neustadt a. Main,
seit 1458 im Verband der Bursfelder Kongregation zusammengeschlossen
war. Daraus ergibt sich, dass die Schönrainer Klosterkirche
vermutlich drei Altäre aufzuweisen hatte: Zu Ehren
der Ortspatrone St. Johannes Evangelista und der Gottesmutter
Maria, des hl. Laurentius, dem als Kirchenpatron vermutlich
der Hauptaltar gewidmet war, sowie des hl. Nikolaus. Durch
die Auswahl der Ortspatrone wurde übrigens eine enge
Beziehung zu Cluny betont, dessen Klosterkirche ebenfalls
einen Altar für diese beiden Heiligen aufzuweisen
hatte.
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1139 stellte Bischof Embricho von Würzburg für
das Kloster Schönrain am Main eine Schutzurkunde
aus, in welcher folgender, mit der Gründung des Klosters
in Verbindung stehender Vorgang festgehalten wird: Zur
Zeit HEINRICHS IV. und Bischof Adalberos von Würzburg
hätten Graf Ludwig und sein Bruder Berengar den Ort
Schönrain mit zwei Mühlen und anderen Pertinentien
und das praedium, das sie in Wiesenfeld besaßen,
dem Abt Wilhelm von Hirsau übertragen unter der Bedingung,
dort eine monastische Institution zu begründen. Wilhelm
habe dieses Vorhaben darauf in Angriff genommen, und durch
seine Nachfolger sei es vollendet worden. |
Die Grafen von Rieneck
Die Ludowinger entstanden aus
einer Seitenlinie der Grafen von Rieneck. (Die Rienecker
waren der Zweig der Burggrafen von Mainz, der sich am
Ostrand des Spessarts festgesetzt hatte) und Schönrain
somit schon lange zu deren Besitztümer zugehörig.
Mit Gerhard I. von Rieneck sterben diese in männlicher
Linie 1108 aus. Seine einzige Tochter heiratet den Grafen
Arnold von Looz (1101-1139). Dieser erbt den ganzen
Besitz der Rienecker und übernimmt um 1156/57 die
Bezeichnung "von Rieneck".
Die Mainzer Burggrafschaft und Erzstiftsvogtei gelangten
somit 1106/08 an die Grafen von Looz in Brabant, wurden
institutionell wahrscheinlich durch Erzbischof Adalbert
I. (+ 1137) getrennt und später infolge der Entvogtung
wertgemindert. Die Grafensippe trennte sich gegen Ende
des 12. Jh. in die Linien Looz (bis 1336) und Rieneck
(bis 1559), deren Hauptsitz die 1179 erstmals genannte
Burg Rieneck (Kreis Gemünden) an der Sinn war.
Ihre Grafschaft umfaßte Reichslehen und Allodialgut,
konnte sich jedoch zwischen den Herrschaftsbereichen
von Mainz, Würzburg und Fulda nicht recht ausdehnen. |
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Nach Mitte des
12. Jh. nutzten die Grafen von Rieneck als Schirmvögte
des Klosters das Priorat Schönrain zur Erweiterung ihres
Herrschaftsbereichs, um Ihre Position gegenüber dem Hochstift
Würzburg zu stärken.
Der Burggrafentitel der Rienecker verschwindet ab 1221,
den Streuubesitz an Rhein und Nahe hatte man schon zuvor
aufgegeben. In Nutzung von Vogteirechtslehen Fuldas und
des Stiftes Aschaffenburg wurden Rodungen im Ostspessart
durchgeführt, das Vordringen in das Zentrum des Waldlandes
scheiterte jedoch am Widerstand Erzbischofs Werner von
Eppenstein (+ 1284). Östlich des Mainz blieb das
Hochstift Würzburg Vormacht. 1240 erweitern die Rienecker
das mit fünf bis zehn Mönchen besetzte Kloster
mit Befestigungsanlagen. Wenig später müssen
sie jedoch im Streit mit dem Würzburger Bischof einlenken
und die errichteten Änderungen am Kloster wieder
entfernen. |
Der Landbesitz rund um das Kloster wird 1319 von Hirsau an die
Rienecker verkauft (43 Jahre später wieder zurück
erworben). Burg und Stadt Rieneck, seit 1366/1408 Lehen des
Erzbischofs von Mainz, verlieren an Bedeutung zugunsten von
Lohr. |
Nach Bauernkrieg und Brandschatzung:
Der Neubeginn
Während der Plünderung
im Bauernkrieg 1525 brennt das Kloster teilweise nieder,
die Mönche flüchten zurück nach Hirsau.
Schutzvogt Graf Philipp III. von Rieneck nutzt die Gelegenheit
zum günstigen Erwerb des klösterlichen Besitztums.
Nach der Säkularisation von Hirsau und dem Übertritt
von Graf Philipp zur Lehre Luthers (Philipps Vorfahre, der
Ludowinger "Ludwig der Springer", ließ um
1070 die Wartburg errichten. Hier hatte Martin Luther am 4.
April 1521 auf seiner Reise nach Worms sein Nachtlager) wird
die Klosterkirche von ihm vertragswidrig niedergerissen und
an deren Stelle ein aufwendiges Verwaltungs- und Wohngebäude
errichtet.
Die zeitliche Verzögerung zwischen Erwerb des Schönrains
(März 1526) und Baubeginn (Fertigstellung 1556) ist wahrscheinlich
auf das Bestreben des Würzburger Bischofs Julius Echter
zurück zu führen, der mit seinem Einspruch beim
Papst den Übergabe-Vertrag zwischen Hirsau und Philipp
III. anfechten wollte. Die Angelegenheit wurde ans Reichskammergericht
übertragen.
Das Wohnschloss wird 1556 feriggestellt. Schon drei Jahre
später allerdings stibt Philipp als letzter seines Geschlechts,
'nahm Helm und Schild mit sich zu Grabe' und hinterlässt
seiner Gemahlin Margareta Schönrain als Witwensitz.
Margareta stirbt fünfzehn Jahre später.
Den Besitz der Rienecker mit dem Würzburger Lehen Schönrain
sollte nach Philipps Wille die Schwester seines Vater, Amalie,
die Gattin des Grafen Philipp von Isenburg-Ronneburg erben.
Schönrain fiel 1574 somit an deren Neffen Georg, Wolfgang
und Heinrich (1537-1601).
Auch sie sterben Kinderlos, Schönrain geht als heimgefallenes
Lehen zurück an den Würzburger Fürstbischof
Julius Echter v. Mespelbrunn und wird würzburgischer
Amtssitz. |
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Der Fürstbischof setzte
hierauf einen Amtmann in das verlassene Bergschloss, der mit
einem Jäger den Wald und die zugehörigen Orte Hofstetten,
Massenbuch und Halsbach zu verwalten hatte.
Nach der Säkularisation
des Frankenlandes wurde Schönrain zum königlich
bayr. Forstamt.
1818 wurde dessen Sitz nach Massenbuch verlagert.
Zum Bau des dortigen Forstamtes ließ die Behörde
den Dachstuhl des Bergschlosses abbrechen um das brauchbare
Material zu verwenden.
In den darauf folgenden Jahren wird Schönrain zur Ruine,
da die Bauern der Nachbar-Orte sich holten, was brauchbar erschien.
So finden sich noch heute in Wiesenfeld, Hofstetten und Massenbuch
überreste des ehemaligen Hirsauer Priorats. |
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Die Grafen v. Rieneck
und ihre Verbindungen im 11. und 12. Jahrhundert
Die Schutzurkunde
von Bischof Embricho von Würzburg,
aus dem Jahre 1139

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