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Peter Mast, Thüringen:
die Fürsten und ihre Länder, Graz, Wien, Köln, 1992
Der letzte Ludowinger,
(1204-1247)
Um 1204 wurde Heinrich Raspe als zweiter Sohn des Landgrafen
Hermann I. von Thüringen und der Prinzessin Sophie von
Bayern aus dem Hause Wittelsbach geboren. Er war der Schwager
der Heiligen Elisabeth, die mit seinem Bruder Ludwig IV. verheiratet
war. Dieser Bruder und Vorgänger als Landgraf, Ludwig IV.,
starb 1227 auf einem Kreuzzug Kaiser Friedrichs II. Da Hermann,
der Sohn Ludwigs und der Heiligen Elisabeth, erst fünf
Jahre alt war, übernahm Heinrich Raspe IV. die Regentschaft
in Thüringen. Er verdrängte Elisabeth mit ihrem Sohn
Hermann und den Töchtern Sophie und Gertrud vom Thüringischen
Fürstenhof.
1228 heiratete Heinrich Raspe IV. die Tochter des brandenburgischen
Markgrafen Albrecht, Elisabeth. Bis 1234 unternahm Heinrich
Raspe erfolglose Versuche, die ludowingischen Besitzungen in
Hessen, in Auseinandersetzungen mit den Erzbischof von Mainz,
auszubauen. 1238 heiratete er Gertrud, die Schwester Herzog
Friedrich II. von Österreich. 1241 heiratete Heinrich Raspe
seine dritte Frau, Beatrix von Brabant und erwarb sich Verdienste
bei der Abwehr der Mongolenangriffe auf Deutschland.
Er wurde 1242 von Stauferkaiser Friedrich II. als Reichsprokurator
für dessen minderjährigen Sohn Konrad IV. eingesetzt.
1243 trat Heinrich Raspe wieder zurück und ließ sich
durch eine Zuwendung von 25.000 Mark Silber für die päpstliche
Partei gewinnen.
In selben Jahr erfolgte auch die Eventualbelehnung seines wettinischen
Neffen Heinrich (des Sohnes seiner Halbschwester Jutta und Dietrich
des Bedrängten, Markgraf von Meißen) mit der Landgrafschaft
Thüringen, da auch Heinrich Raspes dritte Ehe kinderlos
blieb.
Durch eine von Papst Innozenz IV. initiierte - und wahrscheinlich
auch finanzierte - Wahl wurde Heinrich Raspe am 22. Mai 1246
in Veitshöchheim bei Würzburg zum Gegenkönig.
Da er durch die Stimmen dreier geistlicher Kurfürsten -
der Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier - plus eigene
Stimme, sowie anderen Vertretern des geistlichen Hochadels zum
König erhoben wurde, ging der Ludowinger als "Pfaffenkönig"
in die Geschichte ein.
Am 5. August 1246 besiegte Heinrich Raspe ein Heer des Stauferkönigs
Karl IV. bei Nidda in der Nähe von Frankfurt a. M. mit
einer Streitmacht, die durch schwäbische Grafen und Ritter
und vor allem durch päpstliche Gelder verstärkt wurde.
Obwohl der Ludowinger erste militärische Erfolge gegen
die Stauferpartei erzielte, konnte er sich im Reich nicht durchsetzen,
da er von den großen weltlichen Fürsten nicht gewählt
und in der Folge auch nicht akzeptiert wurde.
Nach vergeblicher Belagerung der Reichsstadt Ulm kehrte Heinrich
Raspe im Winter 1246/47 nach Thüringen zurück, wo
er auf der Wartburg am 16. Februar 1247 starb. Er war der letzte
thüringische Landgraf aus dem Geschlecht der Ludowinger.
Nach seinem Tod 1247 fiel die Landgrafschaft Thüringen
an die Wettiner, die Markgrafen von Meißen.
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Literaturtipps
Werner Mägdefrau, Glanzpunkt des Mittelalters. Zur Kulturgeschichte
der Landgrafschaft Thüringen 1130-1247, in: Mitteldeutsches
Jahrbuch für Kultur und Geschichte, Band 2, 1995, S. 65-86 |
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