 |
von Adolf Link
Die Verweltlichung der Kirche
Die Kirche war um diese Zeit unermesslich
reich. In Notzeiten hatte der Kaiser die Geistlichen
die ja seit Otto d.Gr. der Reichsgewalt unterstellt
waren, dringendst gebraucht, sei es, das Reich zu verteidigen,
seine Einwohner zu erziehen oder den Hochmut des Adels
zu dämpfen. Regierungsgeschäfte kosten Geld.
Die Einwohner waren verpflichtet, der Kirche den Zehnten
ihres Einkommens in natura oder in bar zu entrichten.
Daneben erhielt die Kirche Grund und Boden von den Landbesitzern,
die bei ihrem Tod Äcker testamentarisch der Kirche
vermachten, in der Hoffnung, es in der Hölle leichter
zu haben oder im Himmel schöner. Das Kloster Maxim
in Trier z.B. besaß einen Grundbesitz von 500
Millionen Mark nach heutigem Wert gemessen, St. Gallen
verfügte über 20 000 Leibeigene, Fulda über
15 000 kleine Landsitze (Halsbach war darunter). Dafür
leisteten die Klöster auch etwas: Hier wurden Ärzte
ausgebildet, entwarfen die Baumeister ihre Pläne
für Kathedralen, lernten die Bauern, wie man Käse
herstellt und Weine veredelt, fand der müde Reisende
Nachtquartier und Nahrung, der Verlassene Hilfe, der
Verfolgte Schutz, und die Kinder lernten das ABC.
Vor allem: Die Mönche rodeten Wälder und kultivierten
Ödländer. Klöster waren Kulturzentren.
Der Reichtum verführte. Aus dem ehrwürdigen
Kloster Hersfeld hatten die Mönche ein Vergnügungszentrum
gemacht. Sie tranken Wein, vertrieben sich die Zeit
mit Jagd, fuhren vierspännig, kleideten sich wie
bunte Papageien, trugen enge Röhrenhosen und jagten
allem nach, nicht nur dem Wild. Diese Geldverschwendung
war nichts Außergewöhnliches. Manche Päpste
waren darin Vorbild. So ließ sich Papst Johannes
\IX. den Stuhl Petri von seiner Familie kaufen und spielte
mit dem Gedanken. ihn an die Patriarchen von Konstantinopel
weiter zu verschachern. Sein Nachfolger, Benedikt IX,
ein 12jähriger Knabe, trat gegen eine Abfindung
von 2 000 Pfund Gold vom Thron , dass deutsche Kaiser
auf diese Päpste verächtlich herabsahen, ist
verständlich. Vermutlich ist auch, dass sie die
Klöster und Kirchen "rupften", besonders
Konrad II.. Für ihn hatte kirchlicher Besitz Handelswert.
Wer am meisten bezahlte, bekam den Zuschlag. Bargeld
gegen einen Bischofssitz, Abtssitz war an der Tagesordnung.
Simonie nannte man das!
Die Kirche litt noch unter anderen Missständen.
Die meisten Geistlichen heirateten, zeugten Kinder oder
lebten mit Wirtschafterinnen im Konkubinat. Päpste
von Strenge, wir Leo IX., bezeichneten die Begleiterinnen
der Priester als Dirnen. Kamen sie mit nach Rom, mussten
sie im Lateran "abgeliefert" werden, wo sie
als einfache Mägde Dienst taten. Es ist verständlich,
dass von der strengen Priesterschaft das Zölibat
angestrebt wurde. Die Praxis bestätigte, dass es
unabhängig machte, frei von Familiensorgen. Ein
Seelenhirt konnte sich seinen Aufgaben im zölibatären
Zustand besser widmen, auch war er uninteressiert, Vermögen
zu bilden. Es gab für ihn keine Erben. Die verschiedenen
Konzilien befassten sich mit dem Thema. Es wollte sich
keine Lösung zeigen: Triebe lassen sich schwer
bändigen. |
1039 - Heinrich III. (Konrads
Sohn)
Simonie und Priesterehe waren
ihm ein Ärgernis. Er war im Gegensatz zu seinem
Vater tief religiös. Den Handel mit kirchlichen
Geldern stoppte er. Zahlungen, wie sie etwa bei Bischofseinsetzungen
(Investitur) üblich waren, verbot er. Die kaiserliche
Finanzlücke, die sich nun auftat, musste durch
Gelder von den Adeligen gestopft werden. Das verärgerte
diese. Heinrich war es gleichgültig. Hauptsache:
Man fürchtete ihn. Und das tat man. Unter seiner
Regierung hatte das "Deutsche Reich" seine
höchste Höhe der Machtentfaltung erreicht.
Er selbst wird als düster, verschlossen, unnahbar
bezeichnet. "Schwarzer Heinrich", so heißt
er wegen seiner schwarzen Haare und seines dunklen Teints.
Er wollte als oberster Herrscher über Staat und
Kirche die Reform der Kirche an Haupt und Gliedern,
eine Kirche frei von Laster der Simonie und der Priesterehe,
er wollte Verinnerlichung und Versenkung im Gebet. würdige
Ausgestaltung der Gottesdienste, strenge Zucht der Mönche,
Stillschweigen, Askese.
Damit vertrat er die Forderungen des burgundischen
Reformklosters Cluny. Die Tragik dieses Herrschers
ist. dass er einen Deutschen zum Papst ernannte, der
das Papsttum derart stärkte, dass es einen Kampf
mit dem Kaisertum um die Macht in Europa wagen konnte. |
Heinrich IV - Jugend zwischen Missgunst,
Neid und Trug
Heinrich III., der diese Auseinandersetzung
mit dem Papst hätte einigermaßen bestehen
können, starb 39jährig an einem Lungenleiden.
Sein Sohn Heinrich IV. war damals 6 Jahre alt. Herzöge,
Bischöfe, Markgrafen nutzten die Kindheit des Königs
aus, vergriffenen sich an den Einkünften aus dem
Reichsgut, übereigneten sich Güter und Rechte.
In dieser Atmosphäre von Neid und Trug wuchs Heinrich
IV. auf. Ein frühreifer Knabe, haltlos schwankend
zwischen den vielen Erwachsenen. Misstrauisch gegen
alle und jedermann, aber mit allen Wassern gewaschen.
Mit 9 Jahren wurde er mit dem päpstlichen Entscheidungsanspruch
konfrontiert: Das Recht, den Papst zu wählen stehe
nur dem Kardinalskollegium zu", das war neu, denn
bis dahin war die Zustimmung des deutschen Königs
erforderlich gewesen. Man glaubte, sich diese Missachtung
des deutschen Kaisers leisten zu können, er war
ja noch Kind. Ein kirchliches Programm wurde entworfen.
Der Inhalt: Zur Hölle mit allen Laien-Königen,
Fürsten, Grafen, die sich anmaßen, Bischöfe
und Äbte einzusetzen. Schuldig jeder Priester,
der sich von einem Laien einsetzen lässt, mit Geld
oder ohne. Schuldig jeder Laie, der einen Priester einsetzt,
der Schmiergelder verlangt oder nicht. Würde das
Wirklichkeit, bedeutete es für den deutschen Kaiser,
den Anspruch auf die Dienste der Bischöfe und Äbte,
den Einfluss auf ihre Besetzung und den auf ihre Abgaben
aufzugeben. Das Reich verlöre die Werkzeuge seines
Herrscherwillens und die Einnahmen. Am meisten fühlten
sich die Geistlichen selbst betroffen. Es glich einer
Vertreibung aus dem Paradies, Verzicht auf Macht, weltliche
Freuden. Widerstand begann sich zu regen. Aber nun erschienen
in den Klöstern Agitatoren. Sie wiegelten die Brüder
gegen die Äbte auf: Verweigert diesen Simonistischen
Sündern, das Zölibat verletzenden Unbußfertigen
den Gehorsam! Diese "Volksverhetzer" gingen
auch in die Werkstätten, Spinnstuben, predigten
auf Marktplätzen, hetzten gegen Bischöfe und
König. Sie appellierten an den Neid der Besitzlosen,
schilderten in grellen Farben den Reichtum der Besitzenden,
der ja nur vom Volk abgepresst war. Der Pöbel ließ
sich das nicht zweimal sagen. Die Häuser der Geistlichen
wurden geplündert, die Frauen verjagt, sie selber
misshandelt. Mönche bekamen Recht gegenüber
ihren Äbten, geistliche gegenüber den Burgherren.
Wer nicht gehorchen wollte, wurde nach Rom gerufen,
geschulmeistert, musste Abbitte tun und Buße entgegennehmen
Planmäßig wurde die Autorität der Obrigkeit
ausgehöhlt. Welthistorische Bedeutung erreichte
die ganze Bewegung in der Ernennung eines Cluny-Mönches
zum Papst. Gregor VII. hieß er. An ihm war alles
nur Wille, Kraft, Leidenschaft. Den "Heiligen Satan
nannten ihn die einen. |
Der Streit zwischen Papst und Kaiser
eskaliert
Innwischen war Heinrich IV. 23 Jahre alt geworden.
In Kenntnis der Propagandaschrift setzte er provozierend
reichstreue Bischöfe in ganz Italien ein. Er wollte
dem Papst zeigen, wer Herr im Hause sei.
In dieser Zeit entstand das kirchenpolitische Glaubensbekenntnis,
der "Dictatus papae" mit 27 Glaubenssätzen.
Einige lauten:
Nur der Papst darf Bischöfe einsetzen.
Nur der Papst darf neue Gesetze erlassen.
Als Rechtsnachfolger der Apostel ist der Papst Herr
über alle Königreiche und Länder.
Der Papst allein darf die kaiserlichen Insignien führen
und seine Füsse haben alle Fürsten zu küssen.
Der Papst darf die Kaiser absetzen.
Auf Heinrichs IV. Brief antwortete der Papst: "Der
Knecht der Knechte Gottes enthielt König Heinrich
Gruß und apostolischen Segen. Bedenke, erlauchtester
Sohn, wie erstaunlich es ist, deine Herrschaft über
die Herrschaft Christi zu stellen und behindere nicht
länger die Freiheit der Kirche".
Heinrich IV. machte das Schreiben bekannt. Der Groll
gegen die Kirche entlud sich in Empörung. Und Heinrich
antwortete: "Heinrich, nicht durch Gewalt, sondern
durch Gottes weise Anordnung König, an Hildebrand,
nicht mehr Papst, sondern falscher Mönch... verlasse
den angemaßten Sitz des seligen Petrus. Denn ich,
Heinrich, König von Gottes Gnaden, sage dir: Steige
herab, auf ewig Verfluchter". Auch des Papstes
Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Er tat
Heinrich in Acht und Bann und kleidete das Verdammungsurteil
in ein Gebet: "Heiliger Petrus... Weil du es
gewollt hast, ist mir Gottes Vollmacht gegeben. zu binden
und zu lösen, im Himmel und auf Erden. Darum untersage
ich dem König Heinrich, das Reich der Deutschen...
zu regieren, und befreie alle Christen vom Eid, den
sie ihm geleistet."
Ein Propagandafeldzug von den Kanzeln der deutschen
Kirchen begann gegen den Papst zu wettern. Auch in unserer
Gegend! Die Franken waren immer kaisertreu. Das
ganze Land war in Aufruhr. Wanderer durchzogen das Reich
und verkündeten ein Sendschreiben Gregors VII.
"An alle Getreuen im Deutschen Reich". Allgemeine
Verunsicherung war das Resultat. Wem sollte man glauben?
Dem Stellvertreter Gottes auf Erden oder dem König,
der von Gott eingesetzt war? Die Fürsten selbst
waren über die Verdammung und Absetzung ihres Königs
glücklich. Endlich konnte man sich von ihm befreien:
Schwache Kaiser, starke Herzöge. Aber Heinrich
war aus hartem Holz geschnitzt. Er verhandelte und es
gelang ihm, die Fürsten zu einem Aufschub zu bewegen.
Ihre Bedingung: In vier Monaten muss Heinrich vom Bann
befreit sein. Wenn das nicht gelänge, würde
auf einem Reichstag zu Augsburg unter Vorsitz des Papstes
das Verhältnis von Staat und Kirche nun geregelt
werden. Deutsche Bischöfe, unter ihnen Adalbero
von Würzburg, hatten den König schon verlassen.
|
Der "Gang nach Canossa"
Da der Papst sich weigerte, Heinrich
zu einem Gespräch zu empfangen, machte sich der
König im Winter 1076/1077 auf den Weg nach Italien.
Der Papst, schon auf dem Wege nach Deutschland, zog
sich auf die Burg Canossa zurück. Heinrich kleidete
sich in ein raues Wollhemd, barfuß und barhäuptig
warf er sich der Sage nach in Abständen auf den
schneebedeckten Boden des Burgvorhofs. die Arme m Kreuzform
ausgestreckt, Gebete sprechend. Drinnen beobachtete
ihn Gregor VII. Er saß in einer Zwickmühle.
Befreite er Heinrich vom Bann, verriet er die deutschen
Fürsten, die auf ihn warteten. Verweigerte er die
Absolution, sündigte er gegen seine priesterliche
Pflicht. Gregor gab nach, "Unter einem Strom von
Tränen" umarmten sich beide, und der Papst
löste Heinrich vom Bann. Inzwischen hatten die
deutschen Fürsten, vom Papst enttäuscht, einen
Gegenkönig gewählt, Rudolf von Rheinfelden.
Es kam zum Bürgerkrieg. In unserer Diözese
hatte Bischof Adalbero verboten, Anhänger Heinrichs
aufzunehmen. Die Bürger Würzburgs empörten
sich. Adalbero verließ Würzburg und floh
zu Rudolf. Als der mit einem Heer gegen Würzburg
zog, verteidigten die Würzburger 1077 ihre Stadt
so lange, bis Heinrich IV. mit dem Entsatzheer herbeigeeilt
war. 1078 kam es zur Schlacht bei Mellrichstadt. 1080
lieferten beide Könige sich ein Treffen. Dabei
verlor Rudolf seine Schwurhand. Das Volk sah dies als
Gottesurteil an. Rudolf selbst: "Mit diesem Stumpen
und der davon abgehauenen Hand habe ich dem König
Heinrich... gehuldigt und geschworen... dafür muss
ich nun mit meinem Leben büssen. Darum wollet ihr
eures Eides und Gelübdes besser eingedenk sein."
1085 kam es wieder vor Würzburg zum zweimaligen
Kampf.
Vor diesem Kampf allerdings musste schon die Schenkung
des Schönrains an die Klostermönche der Hirsauer
erfolgt sein. Die beiden Schenker, Ludwig
und Berengar, waren Feinde des Kaisers. Mit der
Hergabe ihrer Ländereien am Main bei Schönrain
an die kaiserfeindlichen Benediktiner schafften sie
einen Brückenkopf der Kaisergegner im kaisertreuen
Raum nahe der wichtigen Flussmündungen Sinn, Saale,
Wern in den Main. Gleichfalls wurde an der Heeresstrasse
Mainz - Würzburg, heute B 8, bei der wichtigen
Mainüberfahrt Triefenstein, ein zweiter päpstlicher
Brückenkopf im kaiserfreundlichen Franken gebildet.
Dass diese Jahre des Investiturstreites, des Kampfes
zwischen Kaiser und Papst. fürchterliche Jahre
gewesen sein müssen, künden die Berichte:
In den Straßen der Städte türmten sich
die Leichen, auf dem Lande wurde Menschenfleisch verzehrt.
Heinrich IV. überlebte Gregor VII. um 20 Jahre.
1106 starb der Kaiser. 11 Jahre vorher, 1095, begann
die Expansion des Abendlandes durch die Kreuzzüge.
Der Papst hatte in einer flammenden Rede von den Gräueln
eines Volkes berichtet, das in Kleinasien eingefallen
war, die heiligen Stätten erobert und den Christen
dort die Hälse durchschnitten hätte. Die Worte
hinterließen einen mächtigen Eindruck. Leute
scharten sich zusammen. Eine Welle kriegerischer Begeisterung
erfasste alle Christen, und man zog gegen Jerusalem,
das Kreuz auf Schild, Kleid oder Fahne, als Kreuzritter.
Text im Original aus dem Buch "Wiesenfeld im Waldsassengau"
von Lehrer Adolf Link, Rohrbach.
|
|
 Schutzurkunde
Ablichtung der 1139 vom Würzburger
Bischof Embricho für das Kloster Schönrain ausgestellten
Urkunde:

Schrift
im Original
openWindow|133Kb
Übersetzung der
Schrift
Lateinisch-Deutsch |